Die muslimische Jugend schuldet ihren Eltern so einiges. Die ersten Generationen haben Heimat hinter sich gelassen, sind Risiko eingegangen, haben sich ihre Rücken krumm und krank geschuftet, dadurch zwei Familien ernährt – die in der Heimat und die hier gegründete.
Überhaupt, man bleibt immer das Kind der Eltern und steht in deren Schuld für deren Aufopferungen, die man erst dann wertschätzen kann, wenn frau/man selbst Mutter/Vater wurde…
Nicht umsonst haben Eltern im Islam einen sehr hohen Status, wie wir u.a. aus den folgenden Aayaat entnehmen:
وَقَضَى رَبُّكَ أَلاَّ تَعْبُدُوا إِلاَّ إِيَّاهُ وَبِالْوَالِدَيْنِ إِحْسَاناً إِمَّا يَبْلُغَنَّ عِنْدَكَ الْكِبَرَ أَحَدُهُمَا أَوْ كِلاهُمَا فَلا تَقُلْ لَهُمَا أُفٍّ وَلا تَنْهَرْهُمَا وَقُلْ لَهُمَا قَوْلاً كَرِيماً • وَاخْفِضْ لَهُمَا جَنَاحَ الذُّلِّ مِنْ الرَّحْمَةِ وَقُلْ رَّبِّ ارْحَمْهُمَا كَمَا رَبَّيَانِي صَغِيراً
„Und dein Herr hat entschieden, dass ihr niemanden außer Ihm anbeten und den Eltern Wohltaten erweisen sollt. Falls einer von ihnen oder beide bei dir ein hohes Alter erreichen, dann sage niemals ein mürrisches Wort zu ihnen und schelte sie nicht, sondern sprich in gütiger Weise mit ihnen. Und aus Barmherzigkeit senke die Schwingen der Demut auf sie hernieder und sprich: ‚Mein Herr! Erbarme Dich ihrer, so wie sie mich aufgezogen haben, als ich klein war.`“ (17:23-24)
أَنْ اشْكُرْ لِي وَلِوَالِدَيْكَ
„Sei Mir und deinen Eltern dankbar.“ (31:14-15)
Die vorangegangenen Aayaat ehren Eltern in dem Sinne, als das Allah in Seinem Wort die reine Beziehung zu Ihm sprachlich mit der Güte den Eltern gegenüber verbindet.
Auch erweist Allah Der Großzügige den Eltern folgende Gnade:
وَالَّذِينَ آمَنُوا وَاتَّبَعَتْهُمْ ذُرِّيَّتُهُمْ بِإِيمَانٍ أَلْحَقْنَا بِهِمْ ذُرِّيَّتَهُمْ وَمَا أَلَتْنَاهُمْ مِنْ عَمَلِهِمْ مِنْ شَيْءٍ كُلُّ امْرِئٍ بِمَا كَسَبَ رَهِينٌ
„Und diejenigen, die glauben und (diejenigen, die ihnen) folgen im Glauben von ihren Nachkommen – mit denen wollen Wir ihre Nachkommen vereinen. Und Wir werden ihnen ihre Werke nicht im Geringsten schmälern. Jedermann ist von dem abhängig, was er gewirkt hat.“ (52:21)
Diese Aayah beschreibt die Gnade Allahs gegenüber Eltern, diese mit ihren Allah-Bezeugenden Kindern im Paradies zusammenzuführen, selbst wenn die Stufe der Kinder nicht die Stufe der Eltern entspricht; alles um den Trost der Eltern willen![i]
Wichtig zu wissen ist, dass Güte den Eltern gegenüber keine Reaktion auf deren Güte ist, bzw. sein muss. Auch – und gerade – wenn Eltern sich schlecht verhalten oder zu einer Last werden, ist das Aufrechterhalten der Familienbande von hoher Bedeutung:
Abu Huraira (ra) berichtet, dass ein Mann zu dem Propheten (saw) sagte: „Oh Gesandter Allahs (saw), ich habe Verwandte, die ich besuche, doch sie suchen keinen Kontakt mit mir. Ich behandle sie gut, doch sie behandeln mich schlecht. Ich bin umgänglich mit ihnen, doch sie sind bösartig zu mir.“ Da sprach der Prophet (saw) zu ihm: „Wenn es (wirklich) so ist, wie du sagst, dann ist es so, als ob du sie (am Tag des Gerichts) mit heißer Asche fütterst; und solange du so bleibst, wie du bist, wird Allah dir helfen und dich vor ihren Machenschaften schützen.“ (Muslim, Riyad us-Salihin Nr. 318)
An den vorsichtigen Worten des Propheten (saw) „Wenn es (wirklich) so ist, wie du sagst…“ können wir erkennen, dass es selten einen Konflikt gibt, an dem man keinerlei Schuld trägt und dass es wichtiger und auch hilfreicher ist, selbstkritisch(er) zu sein.
Auch sagte der Gesandte Gottes: „Ein die Verwandtschaftsbande Pflegender ist nicht derjenige, der den gegenseitigen Kontakt zur Verwandtschaft aufrechterhält, sondern derjenige, der an seinen Verwandtschaftsbanden festhält, auch wenn die Verwandten mit ihm brechen.“ (Al-Bukhari, Riyad us-Salihin Nr. 322)
Es gilt also, zu Lebzeiten unseren Eltern alle Formen der Güte zu erweisen.
Doch was können wir darüber hinaus als Kinder für unsere verstorbenen Eltern, Großeltern und überhaupt für verstorbene Gottergebene tun?
Tatsächlich ist es möglich Taten in der Absicht zu verrichten, dass der Lohn hierfür dem Verstorbenen zukommt, wie wir im Folgenden feststellen werden:
Befürworter und Abstreitende der Möglichkeit, jegliche guten Taten an Verstorbene zu „überweisen“[ii]
Ibn Abi Al- Iss Ad-Dimashqy (r) hält in Sharh Al- Aqiedah At-Tahaawiyyah (2/673) fest:
„Es ist erlaubt, den Quran zu rezitieren und die Belohnung dafür einem Verstorbenen zuzusprechen, wie auch die Belohnung der vollzogenen Pilgerfahrt und des Fastens ihn erreicht.”
In Ar-Rawd al-Murbi` vertritt Imam al-Bahuutiy Al-Hanbaly die Auffassung, dass „alle gute Taten wie beispielsweise Bittgebete, Bitten um Vergebung, Gebete, Fasten, Pilgerfahrten und Quranrezitationen, welche für einen anderen Muslim verrichtet werden, im Sinne dass man diesem den damit verbundenen Lohn zukommen lassen möchte, dem Muslim von Nutzen sein werden.”
Imam Ahmad sagt: „Gemäß den Hinweisen der (Quell-) Texte wird der Verstorbene den Nutzen von allen guten Taten erfahren.”
Weil die Quelltexte aus der Sunna im Zusammenhang von der Überweisung von guten Taten für Verstorbene nur von Fasten, Spenden und dem Verrichten von Bittgebeten und der Pilgerfahrt sprechen, lehnt eine Gruppe von Gelehrten die Überweisung von jeglichen guten Taten für Verstorbene ab und beschränken sich auf das in den Texten explizit Erwähnte.
Ob diese rechtschaffenen Taten nun bloß bestimmte oder aber eben freigestellte sind, davon möge sich jeder selbst überzeugen – wichtig ist, anderen die Wahl zu lassen und selbstverständlich nach seiner Überzeugung zu handeln, denn ansonsten ist sicherlich kein Lohn mit diesem verbunden.
In diesem Sinne:
وَقُلْ اعْمَلُوا فَسَيَرَى اللَّهُ عَمَلَكُمْ وَرَسُولُهُ وَالْمُؤْمِنُونَ
„Und sag: Wirkt! Allah wird euer Tun sehen, und (auch) Sein Gesandter und die Überzeugten.“ (9:105)
Mohammed Johari
Überweisender in Hoffnung auf Überweisungen
[i] Vgl. Ibn Abbas` (ra) Kommentar der Aayah, dokumentiert von Ibn Kathier (r)
[ii] Quelle: Sheikh `Abd al-Wahhâb al-Turayrî: Reciting Qur’ân for others (ihdaa’ al-thawaab oder iesaal al-thawaab), in: http://en.islamtoday.net/node/1724 (zuletzt abgerufen am 01.09.2014)